Berlin, den 04.10.2016
Prozessfortführung wegen „falscher Verdächtigung“ soll Ayfer H. endgültig dazu zwingen, ihren Bericht eines Vorfalls rassistischer Polizeigewalt am 14.3.2012 zurückzunehmen.
Am 14. März 2012 wurde Ayfer H. durch Berliner Polizisten beleidigt, bedrängt, zu Boden gerissen und unter Schlägen fixiert. Sie trug Prellungen und Hämatome am ganzen Körper davon. Vorangegangen war ein Konflikt mit Lehrer_innen in der Schule ihres Sohnes. (siehe Falldarstellung KOP-Chronik, S. 148. Abrufbar unter: www.kop-berlin.de/chronik).
Ayfer H. machte den Vorfall öffentlich und sprach von Polizeigewalt gegenüber ihr als Migrantin. Sie schaltete die Beratungsstelle „ReachOut“ ein und wurde auch von der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt/KOP unterstützt. Die „Hürryet“ berichtete und Die Grünen stellen eine parlamentarische Anfrage zu dem Vorfall.
Gezielte juristische Einschüchterung
Eine Anzeige gegen 2 Polizisten wegen „Körperverletzung im Amt“ bleibt ergebnislos. Stattdessen wird Ayfer H. im März 2013 wegen „Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte“ verurteilt. In einem Berufungsverfahren im August 2013 wehrt sie sich und erhebt schwere Vorwürfe gegen Polizisten. Mehrfach wird sie als „Furie“ und „hysterisch“ diskreditiert, ihr wird unterstellt sie „ziehe die Ausländerkarte“ und „manipuliere“ Bürgerrechtsorganisationen. Man ist bemüht das Bild einer unberechenbaren Gewalttäterin zu zeichnen und bezeichnet sie als „sozialschädigend“. Ihre abermalige Verurteilung bestürzt Prozessbeobachter_innen und Unterstützer_innen. B. Basu ReachOut/KOP) ist überzeugt: „Unterschwellig wurde Frau H. nicht verziehen, dass sie diesen Vorfall rassistischer Polizeigewalt öffentlich gemacht hat, ohne sich einschüchtern zu lassen“. Ayfer H. begibt sich durch die Belastungen des Verfahrens in ärztlicher Behandlung.
Die Verfolgung geht weiter
Am 21.9.2015 wurde die Hauptverhandlung wegen „falscher Verdächtigung“ gegen Ayfer H. geführt, bei der es zu einer Verurteilung kam. Der Staatsanwaltschaft reichte dieses Urteil jedoch nicht und sie ging in Berufung, um ein härteres Urteil gegen Ayfer H. zu erwirken. Dies veranlasst KOP zur Vermutung, dass die Staatsanwaltschaft diesen Fall mit besonderem Eifer verfolgt, um Vorkommnisse rassistischer Polizeigewalt zu dethematisieren und unter den Tisch fallen zu lassen.
Verteten wird Ayfer H. von dem bekannten Menschenrechtsanwalt Eberhard Schultz und auch KOP steht weiter an ihrer Seite: „Unsere Chronik zeigt, dass Schilderungen, wie die von Ayfer H., keine Einzelfälle sind. Sie ähneln sich und werden von uns als glaubwürdig bewertet. Ayfer H. gilt unsere Unterstützung und Solidarität“.
Ansprechpartner:
Biplab Basu, KOP
Tel: +49 179 544 17 90 // E-Mail: kop.basu@gmail.com