Category Archives: Prozessprotokoll

Urteil im Pozess gegen Rolf Z.

Anfang der Woche wurde Rolf Z. wegen des Mordes an Luke Holland vor dem Berliner Landgericht zu elf Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt. Rassismus als Tatmotiv konnte das Gericht jedoch nicht erkennen. Zum Abschluss des Verfahrens veröffentlichen wir zwei Prozessprotokolle, die noch in der ersten Phase des Prozesses im April entstanden sind. Eine Dokumentation aller Prozesstage und viele weitere Informationen zum Verfahren findet ihr auf der Seite der Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak B.

Außerdem dokumentieren wir im Folgenden einen Kommentar des Rechtsanwalts Mehmet Daimagüler zur Urteilsbegründung, der die Eltern von Luke Holland vertritt:

“Am 20. September 2016 wurde Luke Holland, ein junger Brite, in Berlin erschossen. Mein Kollege Onur Özata und ich haben die Eltern Lukes als Nebenkläger im Strafverfahren vertreten. Gestern wurde Rolf Z. wegen Mordes zu 11 Jahren und 7 Monaten Haft verurteilt. Ich halte die Strafhöhe für vertretbar, insbesondere weil Rolf Z. schon 63 Jahre alt ist.

Ich habe aber Probleme mit der Urteilsbegründung. Das Gericht hat das Mordmerkmal „Heimtücke“ für gegeben gehalten. „Niedrige Beweggründe“ hielt das Gericht hingegen als nicht für zweifelsfrei gegeben. Hier stand „Fremdenfeindlichkeit“ bzw. „Rassismus“ als niedriger Beweggrund im Raum. Continue reading

‘Vorwort’ zu unseren Prozessprotokollen

Schon seit Längerem hatten wir vor, unsere Arbeitsweise beim Protokollschreiben etwas transparenter zu machen: Worauf achten wir bei Prozessbeobachtungen, wie entstehen unsere Protokolle? Wie lassen sich gesellschaftliche Machtverhältnisse in den Protokollen abbilden, welche Probleme wirft das auf? Unsere Antworten auf diese Fragen könnt ihr im neuen Vorwort nachlesen.

Freispruch für Amiri S.

Im Februar hatte KOP dazu aufgerufen, das Verfahren gegen Amiri S. zu beobachten. Er wurde nach einem Kneipenbesuch durch die Berliner Polizei verletzt und später wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte angeklagt. Am 22.02.16 wurde er jedoch freigesprochen, was uns sehr gefreut hat.

Wir haben den Prozess beobachtet und dokumentiert. Unsere Protokolle findet ihr hier. Außerdem möchten wir euch auf einen sehr lesenwerten Artikel über den Prozess hinweisen, der letzte Woche in der Jungle World erschienen ist und wünschen euch viel Spaß beim Lesen!

 

Neue Prozessprotokolle zum Brandanschlag in Salzhemmendorf

Im Moment beobachten wir am Landgericht Hannover den Prozess gegen Dennis L, Sascha D und Saskia B. Ihnen wird vorgeworfen, im August 2015 in Salzhemmendorf in Niedersachsen einen Brandanschlag auf eine bewohnte Flüchtlingsunterkunft verübt zu haben. Die bisherigen Protokolle findet ihr hier. Das Urteil wird voraussichtlich am 17.03.16 verkündet.

Solischnäpse, neue Prozessprotokolle und ein Leitfaden für Prozessbeobachtungen

Liebe Blog-Leser_innen,

der Verkauf von Solischäpsen letzten Freitag im SchwuZ war ein voller Erfolg. Vielen Dank, an die, die dabei waren!  Dank euch, konnten wir einen Teil unserer Schulden nach den letzten Veranstaltungen begleichen.

Nach der Party gehen wir wieder zum Tagesgeschäft über.

Es gibt drei neue Protokolle unter der Rubrik Prozessprotokolle zu entdecken. Ein Protokoll ist zu einer Verhandlung zum “Verstoß gegen das BTM (Betäubungsmittel)-Gesetz, Widerstand und Körperverletzung”. Ein weiteres Protokoll ist zu einem Fall von angeblicher Beleidigung, Widerstand und Körperverletzung gegen Polizisten (“Jogger Hasenheide”). Und wir haben ein Protokoll zum Berufungsverfahren im Fall “Körperverletzung durch betrunkene Polizisten” erstellt. Wir freuen uns über eure Anmerkungen, Wut, Kritik…

Für alle, die an der Beobachtung von Prozessen interessiert sind, ob ohne oder bereits mit Erfahrung, haben wir einen Leitfaden zur Boebachtung und der Analyse von Gerichtsprozessen erstellt, den wir gern mit eurer Unterstützung ergänzen, weiterentwickeln und überarbeiten wollen. Wir sind gespannt über eure Beiträge!

Viel Spaß beim Stöbern, Entdecken und Kommentieren unseres Blogs.

die Prozessbeobachtungsgruppe Rassismus und Justiz

Neues Protokoll: Schleuserprozess in Verden vom 13.07.2015

Hier könnt ihr ein kurzes Protokoll zu einem Prozess zur Schleusung in Verden lesen. Es wird ein ausführlicher Bericht in der ak – analyse & kritik folgen.

Prozessbericht:
2. große Strafkammer des Landgerichts Verden
13.07.15, 9 Uhr

Eindruck zum Gericht: Es gibt keine Sicherheitskontrollen am Eingang, alles wirkt sehr entspannt. Auf Nachfrage weist die Pförtnerin uns scherzhaft darauf hin, dass wir unsere Taschen mit in die Verhandlung nehmen können, dass Waffen allerdings im Gericht nicht erlaubt seien.

Der Angeklagte ist seit Januar 2015 in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft (StA) macht ihm den Vorwurf des banden- und erwerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in fünf Fällen. Seit dem 28.05.15 haben bereits mehrere Verhandlungstage stattgefunden, weitere sind für den 16. und 24.07. und den 17.08. terminiert. Am heutigen sechsten Verhandlungstag findet die Beweisaufnahme zu Fall 4 statt.

[…]

Neue Prozessprotokolle und die Audioaufnahme unserer ersten Veranstaltung zu Rassismus im Gerichtssaal sind online!

Liebe Besucher_innen dieses Blogs!

Unter der Kategorie Prozessprotokolle sind neue Protokolle verfügbar.

Zudem stellen wir allen, die nicht dabei sein konnten oder die Veranstaltung noch einmal nachhören wollen, die Audioaufnahme der ersten Veranstaltung unserer Reihe “Rassismus im Gerichtssaal” vom 25.02.2015 zur Verfügung.

Fotografische Eindrücke der zweiten Veranstaltung der Reihe “Rassismus im Gerichtssaal” vom 20.05.2015 gibt es unter Fotos. Der Audiomitschnitt dieser Veranstaltung wird demnächst folgen.

Viel Freude beim Lesen und Hören sowie beim Kommentieren eurer Eindrücke, Anmerkungen, Einschätzungen, Anregungen etc. zu den Protokollen, den vergangenen Veranstaltung oder allgemein zum Thema Rassismus und Justiz.

Bericht zu Prozess in Dresden über Racial Profiling-Fall

Am 20. Mai verhandelte das Dresdner Verwaltungsgericht die Klage von
Biplab Basu gegen die Bundespolizei Dresden. Biplab Basu war im Zug in
Grenznähe mit seiner Tochter als einziger im Waggon kontrolliert worden.
Der Beamte nannte ihm keine Begründung für die Kontrolle; er wurde
ausschließlich wegen seiner Hautfarbe kontrolliert. Das Urteil soll in
einigen Wochen gefällt werden. (aus PM vom 21.05.2015 der KOP, Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt)


Prozessprotokoll 20.05.2015 Dresden
6. Kammer des VG Dresden, Saal 05
Beginn der Verhandlung: 13.40 Uhr
Anwesend: der Kläger Biplab Basu und seine Rechtsanwältin Fr. Burkhardt
Beklagte: Bundesrepublik/Bundespolizei
Drei Berufsrichter_innen, eine Schöffin, eine weitere beisitzende Person

Inhaltliche Eindrücke:
1. Die Richterin ist durchaus behördenkritisch, stellt klar, dass sie die grenznahen Kontrollen der Bundespolizei für europarechtswidrig hält.
2. Dabei leugnet sie jedoch durchgängig den rassistischen Charakter der Kontrollen: beim Vorzeigen des Passes handele es sich nicht um eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Grundrechte, schließlich sei der Kläger nicht ins Zentrum des Intereses gerückt worden; sie belässt es jedoch nicht bei dieser Feststellung, sondern wirft dem Kläger zudem vor, er sei wohl etwas empfindsam und habe die Situation daher
subjektiv als diskriminierend empfunden – objektiv sei das aber nicht der Fall gewesen. Dies hat zwei Effekte: die Abwehrhaltung der Richterin bzw. das Herunterspielen der Rassismuserfahrung könnte dazu führen, dass die Klage wegen Unzulässigkeit abgewiesen wird. Zweitens wurde in der Diskussion über die Begründetheit der Klage zwar kontrovers über die Kontrollpraxis der Bundespolizei gesprochen, jedoch kam dabei das eigentliche Problem, nämlich der rassistische Charakter der Kontrollen, überhaupt nicht zur Sprache.
3. Unbeachtet bleibt die Praxis der Bundespolizei, ihre Kontrollen nicht zu dokumentieren. Das ist auch deshalb unverständlich, weil die Bundesrepublik mit Hilfe von Zahlen zu belegen sucht, keine systematischen Grenzkontrollen durchzuführen. Entsprechen jedoch die dokumentierten Kontrollen nicht den tatsächlich durchgeführten Kontrollen, ist die Kontrolldichte und damit die Systematik der Kontrollen nicht nachprüfbar.
4. Gleiches gilt für die Kriminalitätslageberichte: Unklar ist, wie oft Bundespolizist_innen Menschen kontrolliert und durchsucht haben müssen, um das Maß an qualitativen und quantitativen Gesetzesverstößen zu erreichen, das die Kriminalitätslageberichte ausweisen sollen. Die Berichte sind im Übrigen der Vertreterin des Klägers nicht bekannt. Sie werden nicht veröffentlicht.

Ablauf der Verhandlung
Die Zeug_innen werden gebeten den Saal zu verlassen.

Vortrag des Sachberichts

Auffassung des Klägers
Der Kläger, der deutscher Staatsangehöriger aus Indien ist, wurde am 26.07.2012 mit seiner Tochter im Zug auf der Strecke Prag-Dresden etwa sieben Kilometer hinter der deutsch-tschechischen Grenze durch die Bundespolizei kontrolliert. Außer seiner Tochter und ihm seien keine weiteren Reisenden im Abteilwagen kontrolliert worden. Er gibt an, dass er eine dunkle Hautfarbe habe. Der Kläger gibt weiterhin an, dass die anderen Zugreisenden eine helle Hautfarbe hatten. Die Beamten der Bundespolizei seien zielstrebig auf den Kläger und seine Tochter zugekommen, um deren Ausweise zu kontrollieren. Auf Nachfrage gaben sie an, dass es sich um eine stichprobenartige Kontrolle handele. Zu einem späteren Zeitpunkt kehrte einer der Beamten zum Kläger zurück und ergänzte, dass es auf dieser Strecke viel Zigarettenschmuggel gebe. Der Kläger werde allerdings nicht verdächtigt, Zigaretten zu schmuggeln.
Die Ausweiskontrolle habe den Kläger in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt.

Auffassung der BRD/Bundespolizei
Die Kontrolle sei rechtmäßig gewesen; Kontrollen innerhalb des grenznahen Raums würden gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG der Verhinderung unerlaubter Einreisen sowie der Verhinderung von Straftaten dienen. Der polizeiliche Anlass der Kontrolle sei die Grenzüberschreitung gewesen.

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