Prozessprotokoll “Rassistische Festnahme beim Görlitzer Park” (1)

Prozessbeobachtung Nuru H., 19.11.2014
Wilsnacker Straße 4, Raum C 102, 10559
[Der Prozess wird fortgesetzt, erster Verhandlungstag war bereits im Juli. Damals stellte die Verteidigung des Nuru H. (VN) einen Befangenheitsantrag gegenüber dem Richter, da dieser den Polizeibeamten nicht belehrte. Dies war von besonderer Bedeutung, da Nuru H. gegen die beiden Beamt_innen Anzeige erstattet hatte, sie somit ebenfalls Beschuldigte in einem anderen Verfahren waren. Eine selbstbelastende Aussage des Polizeibeamten hätte ohne Belehrung jedoch nicht weiter gegen diese verwendet werden können.]
Die Anklageschrift wird durch die Staatsanwaltschaft (StA) verlesen. Dem Angeklagten Nuru H. wird vorgeworfen, anlässlich einer Drogenkriminalitätsbekämpfung am Görlitzer Park Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte mit Körperverletzung begangen zu haben.

Angeklagter Nuru H. (N.), ghanaische Staatsbürgerschaft

Der Verteidiger von N. (VN) verliest eine Erklärung von N. Darin erklärt N., dass das ihm Vorgeworfene nicht zutreffe. Er habe am besagten Tag, 18.07.2013, in der Wiener Str. Ecke Glogauer Str. vor einem Haus auf einen Freund gewartet, als die zwei Polizeibeamten auf ihn zugerannt kamen und „Hände hoch!“ schrien. N. habe sich nicht zur Wehr gesetzt, jedoch lautstark verbal protestiert. Er wurde von den Beamten weder belehrt noch nach seinen Personalien gefragt. Stattdessen wurde er von ihnen auf den Boden geworfen, lag auf dem Bauch, habe davon Prellungen an der Schulter davongetragen. N. wurde währenddessen von den Beamten durchsucht, sie hätten jedoch nichts gefunden, er handle nicht mit Drogen. Die Handschellen seien zu fest angezogen gewesen und hätten deshalb Schmerzen verursacht. N. sei dann zur Polizeiwache gebracht, dort jedoch nicht befragt worden. Er habe nach zwei Stunden gehen können, ohne eine Vorgangsnummer und die Namen der Polizeibeamten zu bekommen, auch nach Nachfrage nicht. Die Polizeibeamten hätten zugelassen, dass die Presse ein Foto von N. während der Kontrolle und Festnahme machen konnte. Dieses Foto sei am nächsten Tag in einer Zeitung erschienen, mit der Überschrift „Polizeibeamte führen mutmaßlichen Drogenhändler ab“. Die Gesichter der Beamten seien verpixelt gewesen, das des N. nur mit einem schwarzen Balken über den Augen versehen, sodass Bekannte ihn noch erkennen konnten. N. habe dann auch Anzeige wegen Körperverletzung im Amt gegen die zwei Polizeibeamten erstattet.

Zeuge F., 28 Jahre, deutsche Staatsbürgerschaft, Polizeibeamter

F. wird durch den Richter gemäß § 55 StPO (Auskunftsverweigerungsrecht) belehrt.
F. beginnt zu berichten, was sich aus seiner Sicht am 18.07.13 ereignet hat. Es habe sich um einen Schwerpunkteinsatz im und um den Görlitzer Park gehandelt. Ein solcher Einsatz laufe folgendermaßen ab: Uniformierte Polizeibeamt_innen würden in den Park gehen, um Drogenhändler zu vertreiben. Kollegen in „bürgerlicher“ Kleidung würden sich außerhalb vom Park aufhalten, um herausrennende Personen abzupassen. An diesem Tag sei F. mit seinen Kollegen die Glogauer Str. Richtung Wiener Str. entlanggelaufen, als eine Gruppe von Personen aus dem Park gerannt sei. Eine Person habe sich aus der Gruppe entfernt (F. meint N.). F. habe eine Personenbeschreibung gehabt und deshalb N. überprüft. F. habe N. angesprochen, sein Kollege und er haben die Hände des N. sehen wollen, da er diese verschränkte und sie wissen wollten, ob er darin etwas versteckt hielt. Dann habe N. seine Hände hochgerissen, mit den Armen rum gewedelt und jedoch seinen Ausweis nicht gezeigt. F. habe dann erklärt, dass es eine Gegenüberstellung mit Kollegen geben müsse. N. habe sich nicht beruhigen lassen, er sei sehr aufbrausend gewesen. Deshalb hätte F. entschieden, dass N. Handfesseln angelegt werden müssten. F. habe dann hinter N. gestanden, dieser habe dann die linke Hand nach hinten nehmen sollen, dies geschah dann sehr schwungvoll und F. sei am Oberarm getroffen worden. Als N. den rechten Arm nach hinten nehmen sollte, habe er F. zwei Schläge in den Magenbereich verpasst. F. trug jedoch eine Schutzweste, habe aber dennoch die Schläge gespürt. F. habe N. ([Ergänzung] Das stellt eine neue Information dar. Zitat: „Da habe ich zwei Schläge Richtung Magengrube bekommen“) dann zusammen mit seinem Kollegen im Polizeigriff zum Gefangenentransporter und dann weiter zum Bearbeiterfahrzeug bringen wollen. F. habe N. diese Maßnahme erklärt. N. habe sich jedoch nicht beruhigt, habe verschiedene Schwungbewegungen getätigt und F. habe den Eindruck gehabt, dass N. sich losreißen wolle. Er habe N. deshalb zu Boden bringen müssen. Am Boden sei N. nochmal belehrt worden. Wegen N.s Bewegungen sei es F. und seinem Kollegen erst nicht möglich gewesen, die Handfesseln zu lockern. Sie hätten N. dann auf eine Baumumrandung gesetzt und ihm dort auch die Handfesseln gelockert, diese hätten sich zuvor festgezogen. Danach sei N. zu dem Bearbeiter gebracht worden, wo eine Gegenüberstellung stattfand, mit wem, kann F. nicht mehr sagen.
Auf Nachfrage des Richters erklärt F., dass er nicht mehr wisse, ob N. sich in der Gruppe, die aus dem Park gerannt kam, befand oder ob er allein aus dem Park gekommen sei. F. sei mit seinen Kollegen in der Glogauer Str. gewesen und hätte Einsicht auf den Parkeingang Wiener Str gehabt. Er hätte dann eine kleine Personengruppe aus dem Park rennen sehen. F. bezeichnet diese als „potentielle Händler für uns“. Die Gruppe habe ich immer wieder umgesehen. F. sei dort mit seinen Kollegen Herr K. und Herr S. unterwegs gewesen, F. habe eine Warnweste mit der Aufschrift „Polizei“ getragen. Der Richter möchte weiterhin wissen, was für eine Personenbeschreibung F erhalten habe? Daraufhin antwortet F., dass er das nicht mehr wisse, die Beschreibungen würden sich oftmals ähneln, deshalb sei ja dann auch die Gegenüberstellung wichtig gewesen. [Ergänzung] Viele würden sich dann auch kurzfristig umziehen, sodass sie nicht mehr erkannt werden können. (Zitat: „[eine Personenbeschreibung] haben wir bekommen, aber weiß ich nicht mehr, viele ziehen sich dann vorher um.“) Des Weiteren interessiert sich der Richter wann und auf welche Weise N. aus dem Park gekommen sei. F. erklärt, N. sei gerannt und zeitnah zur Gruppe. Auf die Frage, weshalb F. entschlossen gewesen sei, N. zu kontrollieren, erklärt F., dass seine Streife wegen der Personengruppe zerstreut gewesen sei, sie hätten nicht allein hinter anderen Personen her rennen sollen und F. habe ja gewusst, dass N. aus dem Park gekommen sei.
Der VN fasst zusammen, dass F. nicht mehr differenzieren könne, ob N. allein oder in der Gruppe aus dem Park gekommen sei und möchte wissen, wie F. das Verhalten von N., welcher aus dem Park gerannt sei und dann an der Ecke Wiener/Glogauer Str. stehengeblieben sei, interpretierte. F. erklärt, dass das für ihn rennen gewesen sei und nicht ein einfaches nach Hause gehen. VN hält F. vor, dass er laut dem polizeilichen Vernehmungsprotokoll angegeben habe, dass die Gruppe in Richtung Görlitzer Ufer gerannt sei und heute würde er etwas anderes behaupten. F. könne sich daran nicht mehr erinnern. Auf Nachfrage erzählt er, dass er der Gruppe „Stehen bleiben!“ hinterher gerufen habe, diese seien jedoch weitergerannt. Weiterhin sei diese Situation und die Kontrolle von N. relativ zeitnah zu einander geschehen, es handele sich um wenige Sekunden. Ob F. der Gruppe hinterher geschaut habe, möchte VN wissen. F. bejaht dies und erklärt, dass er aber auch zu seinen Kollegen geschaut habe, da sich die Personengruppe ja getrennt habe (2 in Liebnitzerstr, 1 geradeaus). Der VN hält F. hier wieder vor, dass er beim letzten Mal gesagt habe, er habe das nicht gesehen. F. erinnere sich daran nicht. Weiterhin möchte VN wissen, was mit dem Ausweis des N. passiert sei? F. erklärt, dass Ausweisdokumente im Gefangenensammelwagen abgegeben würden und dort die Dokumentation dessen erfolge. Es könne dem Kurzbericht entnommen werden, ob ein Ausweis abgegeben worden sei. Die Anzeige sei umgehend gestellt worden und F. noch am selben Tag zeugenschaftlich vernommen worden. Der VN fasst noch einmal zusammen: N. sei nach Angaben des F. aus dem Park raus gerannt, dann stehen geblieben und F. habe ihn dann ansprechen können. N. hätte aber auch wegrennen können oder? F. bejaht dies. VN erklärt, dass dies bedeute, dass F. noch nicht ganz nah an N. gewesen sei, was F. ebenfalls bestätigt. F. erklärt weiterhin, dass er N. das erste mal an der Ecke Glogauer Str. nach dessen Ausweis gefragt habe.
Später verfolgt F. auf den Zuhörer_innenbänken die Verhandlung. Dabei zeigt er sich anfangs angespannt, aber kontrolliert. Während der Vernehmung seines Kollegen K. und dessen Aussage nickt er zu Weilen zaghaft aber zustimmend. Bei der Benennung von „Sympatisanten“, welche zum Geschehen dazukamen, flüstert F. ein „stimmt“ in sich hinein, als würde er sich wieder erinnern oder etwas in seiner Aussage vergessen haben.
Während der Aussage des Zeugen E., welcher sein Bild von dem Polizeieinsatz schilderte, lacht und schmunzelt F. des Öfteren. Er schüttelt den Kopf. Dabei wendet er seinen Blick nicht von der Verhandlung ab.

Zeuge Herr K. (K), 25 Jahre, deutsches Staatsbürger, Polizeibeamter

K. betritt den Gerichtssaal in Einsatzkleidung (Polizeiuniform, Waffe, Dienstnummer auf Jacke). K. wird ebenfalls durch den Richter gemäß § 55 stopp belehrt.
K. berichtet, dass er am 18.07.13 mit F. und zwei weiteren Kollegen in der Glogauer Str. gewesen sei. Es seien mehrere Polizeikräfte an den Görlitzer Park herangeführt worden. Er sei mit seinen Kollegen auf dem Weg zum Eingang an der Wiener Str. gewesen. Sie hätten zivile Kleidung und Schutzwesten getragen. Dann seien Personen vor ihnen geflüchtet, K. habe versucht zwei Personen Richtung Görlitzer Bahnhof zu verfolgen, dies sei ihm aber nicht gelungen. F. habe ihn dann auf N. aufmerksam gemacht, sie hätten sich dann zu erkennen gegeben, woraufhin N. sofort gesagt habe „Ich habe nichts getan.“. N. habe seine Hände hochgerissen, „er hat uns, denke ich, nicht verstanden“: Sie seien dann an N. herangetreten. (diesen Satz wiederholt K. mehrmals, macht dazwischen Pausen, überlegt) K. habe N. dann zusammen mit seinem Kollegen F. über die Straße geführt. F. habe dann hinter N. gestanden, N. habe F. dann am Arm getroffen, woraufhin K. seinen Kollegen geholfen habe, N.s Arme zu fixieren. N. sei verbal sehr aufgebracht gewesen. Da N. sich nicht beruhigt hätte, hätten K. und F. ihm Handfesseln angelegt, sie hätte jedoch weiterhin „beruhigend auf ihn eingeredet“. N. habe immer wieder gefragt, was los sei, was er getan habe. F. und K. hätten N zu Boden bringen müssen. Es hätten sich immer mehr Passant_innen, Sympathisant_innen versammelt, die „diverse Vorwürfe“ geäußert hätten. F. und K. hätten N. dann in den Wagen gebracht, wo die Feststellung der Person erfolgen sollte.
Der Richter zeigt K. eine Karte und fragt, wann/wo K. N. das erste Mal wahrgenommen habe. K. zeichnet daraufhin die Position von N. und seine eigene ein, er sei sich aber nicht sicher, wo F. in der Zeit war. Des Weiteren möchte der Richter wissen, weshalb N. zu Boden gebracht worden sei. K. erklärt, N. habe sich gewunden, sei sehr aggressiv gewesen und aufgrund von der Statur des N. (N. ist recht groß), hätten sie ihn zu Boden bringen müssen, dies sei kontrolliert nicht brachial erfolgt. N. sei verbal sehr laut gewesen und habe immer wieder nach dem Grund gefragt. Als sie N. die Handfesseln anlegen wollten, habe N. Rotationsbewegungen mit den Arm gemacht und dabei F. getroffen.
Der Staatsanwalt möchte wissen, ob K. auch gesehen hat, wie N. aus dem Park gekommen sei. K. habe dies nicht gesehen, er sei von F. gerufen worden.
Der VN fasst diesbezüglich zusammen, dass K. N. erstmals an der Straßenecke stehend gesehen habe, was K. bestätigt, dort sei dann auch die Ansprache erfolgt. N. sei nicht weggerannt, er habe die Hände hoch gerissen. VN möchte wissen, ob K. und seine Kollegen im Zuge dieser ersten Kontrolle den Ausweis des N. erhalten hätten. K. erklärt, er glaube, dass sie N. zu diesem Zeitpunkt gar nicht nach dem Ausweis gefragt hätten. Sie hätten N. erst am Bearbeiterfahrzeug durchsucht, ob sie auch etwas gefunden haben, könne K. nicht mehr sagen. [N. mischt sich ein und erklärt, dass er ohne Ausweis sicherlich nicht aus dem Wagen entlassen worden wäre. Die Beamten hätten seinen Ausweis gefunden.] Der VN hält K. vor, dass er laut polizeilichem Vernehmungsprotokoll gesagt habe, dass er N. gesehen habe, wie dieser die Straße zügig überquert habe. K. habe also etwas verwertet, was er nicht selbst gesehen habe. K. erklärt, dass es so richtig sei, der Vorfall sei eben schon etwas her. Daraufhin erwidert der VN, dass das Gericht jedoch feststellen müsse, woran K. sich heute erinnere. K. sagt daraufhin, dass seiner er seiner Erinnerung nach N. erst an der Ecke stehend gesehen habe. Er habe seine zeugenschaftliche Äußerung nicht noch einmal durchgelesen. Ob N. nach seinem Pass gefragt wurde, könne K. nicht sagen. Des Weiteren habe K. laut Protokoll gesagt, dass er nicht sehen habe können, ob F. von N. getroffen worden sei. K. erwidert, dass es wohl so gewesen sein müsse, wenn er es so beschrieben habe. Der Richter mischt sich ein und fragt K. welches Bild er denn beim Erinnern vor Augen habe. K. bestätigt daraufhin, dass F. in seiner Erinnerung getroffen worden sei. Weiterhin möchte der VN wissen, ob K. auf N. gekniet habe, als dieser am Boden lag. K. könne dies nicht mehr genau sagen. In der Ausbildung habe er gelernt, dass man sich eigentlich nicht auf jemanden kniet, maximal auf die Hüfte. Da er in dieser Situation beruhigend auf N. eingeredet habe, wäre es ja kontraproduktiv gewesen, sich auf ihn zu knien. Der VN erklärt, dass im Protokoll jedoch zu lesen sei, dass K. auf dem Schulterblatt des N. und F. auf dessen Gesäß gekniet habe. Auf die Nachfrage, ob K. sich an die Gegenüberstellung erinnern könne, erklärt K., dass er das nicht sagen könne. Er sei noch einmal zum Wagen zurück gekommen, um mit N. zu reden, ihn aufzuklären, N. habe teilweise nachvollziehen können, weshalb er kontrolliert worden sei.

Zeuge E, 37 Jahre, deutsche Staatsbürgerschaft, Freiberufler im Bildungsbereich

E. wird vom Richter belehrt.
E. erzählt, dass er am 18.07.2014 auf dem Weg zu dem Geburtstag eines Freundes gewesen sei und durch die Glogauer Str. in Richtung Neukölln gefahren sei. Dort seien ihm zwei junge Männer ( rennend entgegen gekommen. Sie seien Richtung Görlitzer Park gerannt und links auf die Wiener Str. abgebogen. Nach einiger Zeit seien die beiden Männer zurück gekommen, sie seien außer Puste gewesen. Dann hätten sie sich umgesehen, hätten N. an der Ecke stehen gesehen und seien auf ihn zugerannt, dabei hätten sie „Hände hoch!“ gerufen. N. habe sofort seine Hände hoch gerissen, ihm seien Handfesseln angelegt worden. N. habe laut nach dem Grund gefragt. Er sei dann von den Polizeibeamten über die Straße gebracht worden, wo noch viel mehr Polizeibeamt_innen (evtl. Einsatzhunderschaft) standen. F. und K. hätten N. sehr aggressiv angeherrscht, sie würden ihn zu Boden bringen müssen, wenn er nicht aufhöre. Nachdem sie die Straße überquert hätten, hätten sie N. tatsächlich zu Boden gebracht. E. sei hinterher gelaufen. Am Boden liegend sei N. dann von den Polizeibeamten nach seinem Ausweis gefragt worden. Da N. nicht fließend deutsch spreche, sei E. sich nicht sicher gewesen, ob er die Frage überhaupt verstanden hatte. Dann hätten F. und K. dem N. erlaubt, sich auf so eine Baumumrandung zu setzen. Einer der beiden Beamten hätte dann einen anderen Polizist recht nervös gefragt „Was sollen wir tun?“. Dieser hätte sinngemäß geantwortet „Sofort mitnehmen!“. Daraufhin sei N. gesagt worden, dass er mitgenommen werde, da er sich bei der Personalienabfrage geweigert hätte. Dies habe E. verwundert, da er eine Weigerung nicht habe sehen können. E. erzählt, dass sich viele Passant_innenn versammelt hätten und N. hinterher gerufen hätten, dass sie Zeugen seien. N. sei dann in den Polizeiwagen gebracht worden, währenddessen habe N. noch nach seiner verlorenen Sonnenbrille gefragt, dies habe E. als eine Schockreaktion eingestuft. Eine Frau habe die Sonnenbrille dann einem Polizeibeamten gegeben.
Auf Nachfrage des Richters erklärt E., dass er N. erst wahrgenommen habe, als F. und K. auf diesen rufend zu gelaufen seien. N. habe allein dort an der Wiener Str. gestanden. F. und K. hätten N.s Hände sofort nach unten gerissen und Handschellen angelegt, wobei F. schneller an N. dran war als K. Ob E. Gesten oder andere Arten von Bewegungen bei N. gesehen habe, möchte der Richter wissen, E. verneint dies. Vielmehr erklärt er, dass N. gar nicht dazu kommen hätte können, da seine Hände ja sofort in Handschellen genommen worden seien. E. habe auch kein Winden sehen können. N. habe nur versucht, F. und K. anzusprechen und das laut und mit Nachdruck. Auch als N. über die Straße geführt wurde, habe E. keine Befreiungsbewegungen gesehen, F. und K. seien die ganze Zeit ganz nah an N. dran gewesen. Des Weiteren habe E. sich auch gefragt, wie es dazu kam, dass N. zu Boden gebracht wurde. E. hatte diesbezüglich den Eindruck, dass es kein kontrolliertes Fallen gewesen sei. Es habe sich dann einer der Beamten auf N. gekniet und N.s Gesäßtaschen seien durchsucht worden. Die Passant_innen, die dann hinzu kamen, hätten versucht, N. zu beruhigen.
Der Staatsanwalt beginnt eine Frage zu formulieren und holt dazu weit aus, ihn interessiert der erste Moment, in dem E. N. gesehen habe. Der Richter unterbricht ihn: „Die ganze Vernehmung muss hier nicht wiederholt werden!“ Daraufhin stellt der Staatsanwalt nur die Frage, ob N. bereits an der Straßenecke nach seinem Ausweis gefragt worden sei. E. antwortet daraufhin, dass dies erst geschah, als N. am Boden gelegen habe.

Ergänzende Beobachtungen: Während der Vernehmung des Zeugen E. zeigen sich Richter und Staatsanwalt eher unaufmerksam. Der Staatsanwalt zeigt seine Irritationen gegenüber den Aussagen des Zeugens E. u.a. mit Stirnrunzeln und Mundverziehen.
Zwei Hospitant_innen des Richters scheinen sich teilweise ihren Mobiltelefonen zu widmen. Zudem schauen sie sich des Öfteren an und schmunzeln wortlos.

Zeuge Herr R.
R. ist nicht erschienen.
Der Richter erklärt, dass er, nachdem was er gehört habe, dass die Passant_innen erst später zum Geschehenen hinzukamen, keine Veranlassung dazu sieht, den Zeugen R nochmal zu laden. Der VN greift ein und legt dar, dass es darauf ankomme, wie man das sehe. Woraufhin der Richter erklärt: „Nach vorläufiger Betrachtung sieht es nicht nach Freispruch aus.“ Der VN stellt daraufhin dar, dass die Aussagen der Polizeibeamten in sich widersprüchlich seien. Der Zeuge R. habe sich selbstständig gemeldet, weil er nicht richtig fand, was er gesehen habe. Der VN erklärt, dass er aus seiner Erfahrung sprechen könne, dass es nicht ungewöhnlich sei in solchen Fällen, dass Widerstandhandlungen behauptet werden würden. Weiterhin erklärte VN, dass er eben einen Beweisantrag stellen müsse, wenn der Richter den Zeugen R. nicht hören wollen würde. Der Richter lenkte ein.

Er erfolgt eine Pause zwecks Terminabklärungen auf Seiten der Verteidigung. Währenddessen sitzen die beiden Polizeibeamten auf der Zuschauerbank und diskutieren leise.

Der nächste Verhandlungstag ist der 24.11.14,, 14 Uhr, Raum 672. Es werden die Zeugen Herr R und Herr S geladen.

Eine Druckversion (pdf) des Protokolls gibt es hier.