Der zweite Aufruf zur Prozessbeobachtung stammt von der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt. Es geht um die Fortsetzung des Verfahrens gegen Ayfer H. in zweiter Instanz, über das wir schon letztes Jahr berichtet haben.
Prozess wegen „falscher Verdächtigung“ soll Ayfer H. endgültig dazu zwingen, ihren Bericht eines Vorfalls rassistischer Polizeigewalt am 14.3.2012 zurückzunehmen
Zeit: Mittwoch, den 14.09.2016 ab 9:30 Uhr
Ort: Landgericht Berlin, Turm Straße 91, 10559 Berlin, Raum 1/621
Hintergrund
Am 14. März 2012 wurde Ayfer H. durch Berliner Polizisten beleidigt, bedrängt, zu Boden gerissen und unter Schlägen fixiert. Sie trug Prellungen und Hämatome am ganzen Körper davon. Vorangegangen war ein Konflikt mit Lehrer_innen in der Schule ihres Sohnes (siehe Falldarstellung KOP-Chronik, S. 133, bbrufbar unter: www.kop-berlin.de/chronik).
Ayfer H. machte den Vorfall öffentlich und sprach von Polizeigewalt gegenüber ihr als Migrantin. Sie schaltete die Beratungsstelle „ReachOut“ ein und wurde auch von der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt unterstützt. Die „Hürryet“ berichtete und Die Grünen stellen eine parlamentarische Anfrage zu dem Vorfall.
Gezielte juristische Einschüchterung
Eine Anzeige gegen 2 Polizisten wegen „Körperverletzung im Amt“ bleibt ergebnislos. Stattdessen wird Ayfer H. im März 2013 wegen „Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte“ verurteilt. In einem Berufungsverfahren im August 2013 wehrt sie sich und erhebt schwere Vorwürfe gegen Polizisten. Mehrfach wird sie als „Furie“ und „hysterisch“ diskreditiert, ihr wird unterstellt sie „ziehe die Ausländerkarte“ und „manipuliere“ Bürgerrechtsorganisationen. Man ist bemüht das Bild einer unberechenbaren Gewalttäterin zu zeichnen und bezeichnet sie als „sozialschädigend“. Ihre abermalige Verurteilung bestürzt Prozessbeobachter_innen und Unterstützer_innen. B. Basu (ReachOut/KOP) ist überzeugt: „Unterschwellig wurde Frau H. nicht verziehen, dass sie diesen Vorfall rassistischer Polizeigewalt öffentlich gemacht hat, ohne sich einschüchtern zu lassen“. Ayfer H. begibt sich durch die Belastungen des Verfahrens in ärztlicher Behandlung.
Die Verfolgung geht weiter
Am 21.9.2015 wurde die Hauptverhandlung wegen „falscher Verdächtigung“ gegen Ayfer H. geführt, bei der es zu einer Verurteilung kam. Der Staatsanwaltschaft reichte dieses Urteil jedoch nicht. Sie ging in Berufung, um ein härteres Urteil gegen Ayfer H. zu erwirken. Dies veranlasst uns zu der Vermutung, dass die Staatsanwaltschaft mit besonderem Eifer diesen Fall verfolgt, um die Vorkommnisse der rassistischen Polizeigewalt seitens der Polizei reinzuwaschen und unter den Tisch fallen zu lassen.
Verteten wird sie mittlerweile von dem bekannten Menschenrechtsanwalt Eberhard Schultz und auch KOP steht weiter an ihrer Seite: „Unsere Chronik zeigt, dass Schilderungen, wie die von Ayfer H., keine Einzelfälle sind. Sie ähneln sich und werden von uns als glaubwürdig bewertet. Ayfer H. gilt unsere Unterstützung und Solidarität“.
Ansprechpartner:
Biplab Basu